SYRIEN, IRAK, IRAN, KURDISTAN, LIBYEN: DIE WELT ALS GEFANGENE DES PERMANENTEN IMPERIALISTISCHEN KRIEGES

Creato: 22 Febbraio 2020 Ultima modifica: 22 Febbraio 2020
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Deutsche Übersetzung von Arbeiterstimmen

„Der Kapitalismus ist das legitime Erpressungsgeschäft, das von der herrschenden Klasse organisiert wird”

siria irakDie Definition ist, wie man meinen könnte, nicht von K. Marx, sondern von einem, der den Gaunerbetrieb kannte: Al Capone [1]. Und der Imperialismus – wir schließen uns ihm an – ist sein vollendetster Ausdruck. Der offensichtlichste Beweis dafür, dass es tatsächlich so ist, ist der Krieg, der jetzt in allen Ecken des Planeten wütet, umso mehr, wo es reich an irgendeinem Rohstoff ist oder wo sich eine Position von geostrategischer Bedeutung befindet, wie es im Nahen Osten der Fall ist.

Der Nahe Osten hat das Pechhalbwegs zwischen Ost und West zu sein und große Ölvorkommen in seinem Boden zu halten. Diese beiden Bedingungen sollten ein hohes Maß an sozioökonomischem Wohlergehen für die Menschen gewährleisten, die dort wie wenige andere auf der Welt leben. Stattdessen herrscht eine Barbarei, die keine Grenzen kennt.  Mit Ausnahme der engen Schichten des lokalen Bürgertums und ihrer Lakaien gibt es nur noch wenige Reste der Hoffnung, am nächsten Tag den Sonnenauf- und -untergang beobachten zu können, die dem Leben der Mehrheit seiner Einwohner einen Sinn geben. Oder in ein anderes Land zu fliehen, wo immer es auch sein mag, solange es weit entfernt ist von jenem Alltag, in dem Hunger, die zynischste und grausamste Gewalt und der Tod, der immer hinter jeder Ecke lauert, die absoluten Herren sind.

Denn Öl ist nicht nur eine Energiequelle von primärer Bedeutung, sondern auch ein wirksames Instrument der parasitären Aneignung von Mehrwert. [2]

Da Öl in Dollar notiert wird, entspricht jede Änderung des Wertes des Dollars und seiner Wechselkurse mit allen anderen Währungen auch einer Änderung seines Wertes. Daher ändert sich der Ölpreis und folglich ein mehr oder weniger großer Teil des Mehrwerts, der dem Proletariat im Weltmaßstab entzogen wird. Das Öl bewegt sich unbehelligt von einem Teil des Planeten zum anderen, während der Preis sich ändert zu Gunsten der einen oder der anderen Fraktion der internationalen Bourgeoisie, auch wenn sie dieselbe Nationalität hat, je nach der Quelle, aus der ihre Profite stammen (Industrie, Finanzen, Handel usw.). Für die Federal Reserve – die Dollars druckt und verkauft, d.h. unwiderrufliche Papierfetzen, als wären sie sehr reale, in den USA produzierte Güter – ist das Interesse an der Bildung eines Ölpreises, der normalerweise höher ist als der, der sich nur aus dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage ergibt, immer vorherrschend, um einen Dollar zu haben, der im Durchschnitt mehr wert ist als sein tatsächlicher Wert, und so ein Einkommen von enormen Dimensionen zu erzielen, das auf jeden Fall so unverzichtbar ist, um die gigantischen öffentlichen Schulden und Militärausgaben in den USA zu tragen.  Die Kontrolle der Quellen und Handelswege des schwarzen Goldes ist daher ein Grundpfeiler, auf dem das amerikanische imperialistische Primat ruht. Tatsächlich handelt es sich um eine echte Erpressungssteuer, die auf alle in Dollar geregelten internationalen Transaktionen angewandt wird, von denen die Öltransaktionen den größten Teil ausmachen. Daraus folgt jedoch, dass, wenn die Erpressung geringer ist als der Anstieg des Ölpreises, die Interessen der exportierenden Länder und die der Federal Reserve für einen höheren Preis völlig übereinstimmen, aber wenn die Erpressung größer ist als der Preisanstieg, gehen die Interessen auseinander. Und gerade die Ausweitung dieser Divergenz hat im Laufe der Zeit viele Import- und Exportländer dazu veranlasst, für alle ihre Handelsgeschäfte kostengünstigere Zahlungsmittel als den Dollar zu verwenden. Als sich der Kontext und/oder die Geldpolitik der Federal Reserve änderte, trafen sich die Freunde von gestern am Tag danach, bewaffnet gegeneinander und gegen verbündete Feinde.

Der Euro, so gehasst von Trump, wurde mit der Absicht geboren, zumindest die Höhe dieser Erpressung zu begrenzen [3].

Aus dem gleichen Grund wurde zuerst das Regime von Saddam Hussein und dann das von Gaddafi eliminiert. Ersteres wollte das irakische Öl in Euro notieren, und letzteres wollte sogar die libyschen Goldreserven nutzen, um eine panafrikanische Währung zu schaffen, mit der zumindest im afrikanischen interkontinentalen Handel sowohl der Dollar als auch der Franc der Französischen Gemeinschaft Afrikas (CFA) [4] ersetzt werden sollten.

DER RÜCKGANG DES DOLLARS

Im Laufe der Zeit und mit der Verschärfung der Krise ist das internationale Zahlungssystem, das sich auf die Vorherrschaft des Dollars stützt, immer unhaltbarer geworden, zunächst für die Länder der Europäischen Union, für einige Produzenten und schließlich für China, das inzwischen zur Fabrik der Welt und zum größten Zeichner von US-Staatsschuldverschreibungen geworden ist. Und schon seit einiger Zeit hat China, gestärkt durch die außerordentliche Macht seines Produktionsapparates, mit verschiedenen Handelspartnern Vereinbarungen getroffen, seinen Tausch nicht mehr über den Dollar, sondern: entweder mit Sonderziehungsrechte Währungen (Indien und Japan) oder mit dem Euro (EU) oder mit Rubel und/oder Renminbi (Russland) zu regulieren. Die Folge war ein starker Rückgang der Käufe von Dollars und von in Dollar ausgedrückten Wertpapieren, vor allem von solchen der US-Staatsschulden. Allein China hat von Februar 2018 bis Februar 2019 seine Käufe von US-Schatzanweisungen um rund 46 Milliarden Dollar reduziert, und ab 2015 haben alle großen Zentralbanken das Gleiche getan, indem sie im Durchschnitt 19 Prozent weniger für jede Anleihe gezeichnet haben und damit eine erhebliche Reduzierung des Cashflows der Federal Reserve und der Regierung verursacht haben.  All dies, während aufgrund der Erhöhung der Militärausgaben und der von Trump gewünschten Steuersenkung zugunsten der Reichsten das Verhältnis zwischen Defizit [Government Debt] und BIP die Rekordmarke von 4,5% [5] erreicht hat und die öffentliche Verschuldung 23 Billionen Dollar überschritten hat, „die gigantischste Zahl, die je in der Geschichte der Menschheit verzeichnet wurde” [6].

DAS PRIMAT DER ENERGIE

Da sie Peking, Moskau, Tokio oder Brüssel nicht bombardieren konnte, zerriss die Trump-Administration zunächst das Anti-Atomkraft-Abkommen mit dem Iran und verschärfte die Sanktionen gegen den Iran weiter, um die Blockade seiner Ölexporte zu verstärken. Sie hat dasselbe mit Venezuela und Kuba als ihrem Schirmherrn getan. Gleichzeitig beseitigte sie alle umweltpolitischen Beschränkungen, indem sie grünes Licht für die so genannte Schieferrevolution gab, um Öl und Gas mit der Fracking-Technik so weit zu fördern, dass sie diese exportieren und damit die amerikanische Vormachtstellung nicht nur im monetären Bereich, sondern auch im Energiebereich durchsetzen konnte. Der Hauptempfänger des Gases musste – wie es der Zufall will – die Eurozone sein. Offiziell nicht aus kleinlichen Interessen, sondern um sie von der russischen Energiedominanz zu befreien, nicht wie vor 75 Jahren durch den Nationalsozialismus: „mit jungen Soldaten, sondern mit Freiheitsgas” [7] Für den Fall, dass die neue Befreiung jedoch nicht willkommen war – Trump hatte ein Jahr zuvor dem damaligen Präsidenten der Europäischen Kommission Jean-Claude Junker und Brüssel präzisiert: „Die Nichteinhaltung seiner Forderungen würde zu einem Sturm von Schwierigkeiten führen: Steuern auf EU-Fahrzeuge, insbesondere deutsche, und gezielte Sanktionen gegen die Partnerunternehmen von Gazprom im Nord Stream 2-Konsortium“. In der Zwischenzeit hätte die Europäische Kommission „mindestens 11 Anlieferungsterminals in den von ihm angegebenen Regionen [8] für den Export von in den USA produziertem Flüssigerdgas (LNG) zur Verfügung stellen müssen.”

SCHIEFERGAS: EIN HIRNLOSER MARKT

Aber, wie ein altes Sprichwort sagt: Zwischen Wort und Tat liegt das halbe Meer, in diesem Fall war es das Hauptmerkmal des Schiefergases. Tatsächlich haben die USA bereits im vergangenen September die so sehr erwünschte Energieunabhängigkeit erreicht und konnten 2019 etwa 89 Tausend Barrel pro Tag an Öl exportieren, aber kein einziger Kubikmeter Gas hat den Ozean überquert.  Nicht nur weil von den 11 von Trump beantragten Stationen noch nicht eine eingerichtet wurde, sondern vor allem, weil, wie BP-CEO Bob Duddley lapidar kommentierte: „Schiefer ist ein Markt ohne Hirn” [9].  Und noch mehr gilt dies für den Schiefergasmarkt. Da es sich in der Tat um einen Abfall aus dem Schieferölraffinationsprozess handelt, wird es immer noch produziert, auch wenn es keinen ausreichenden Absatzmarkt hat, und zwar aus dem einfachen Grund, dass es, um vermarktet werden zu können, ordnungsgemäß gereinigt werden muss und das derzeitige Netz amerikanischer Raffinerien – die sich fast alle im Besitz von Big Oil befinden – nicht dafür ausgerüstet ist, es zu raffinieren oder zu lagern. So wird es entweder zerstört, was zu schweren Umweltschäden führt, oder zu Preisen nahe Null verkauft, was den Preis für Erdgas von 4,40 Dollar pro btu (British Termal energy, die Maßeinheit für Energie in der angelsächsischen Welt) im Dezember 2018 auf 2,24 Dollar pro btu im vergangenen Dezember nach unten zieht: „Gegenwärtig … sind die meisten kleinen und mittleren Bohrer am Rande des Bankrotts oder bereits bankrott, wegen der Widerstand der Investoren, sie ohne Gewinn zu finanzieren” [10] Kurz gesagt, was eine Art Nemesis [Rachegottheit] sein sollte, hat sich das angebliche Gas der Freiheit Europas in einen Bumerang verwandelt, der sich gegen die Befreier wendet.

In der Zwischenzeit hat der Besatzer, Russland, nicht abgewartet und den Bau des „Türkischen Stroms“ abgeschlossen, der Gasleitung, die unter Umgehung der Ukraine russisches Gas direkt in die Türkei und bald auch nach Bulgarien schickt, das „… anfangen hat, den Türkischen Strom aus der Verdichterstation Stradnza-2 zu nutzen … und 2,9 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr erhält. Dank der Tatsache, dass das Gas aus der Türkei ins Land gelangt, kann Sofia die Transitkosten um 5 % senken“. Nach Bulgarien werden Mazedonien und Serbien an der Reihe sein, und „Turkish Stream Europe könnte auch für Ungarn und Italien interessant werden“ [11] Darüber hinaus wird bis zum Frühjahr 2021 – wie Putin und Bundeskanzlerin Merkel am vergangenen 12. Januar auf einer gemeinsamen Pressekonferenz bestätigten – die russisch-deutsche Gasleitung „North Stream 2“ trotz der im vergangenen Dezember von der Trump-Administration eingeleiteten Sanktionen gegen europäische Unternehmen, die an ihrem Bau arbeiten, fertig gestellt sein. Kryptisch kommentierte die Kanzlerin das Thema: „Wir sind bei den Gaslieferungen nicht von Russland abhängig. Was Trump auch denkt” [12]

Warum andererseits viel mehr für etwas bezahlen, das man für viel weniger und für bessere Qualität kaufen kann?

Es wäre sinnvoll gewesen, wenn die Gefahr, die vom sowjetischen Bären ausging, noch immer drohte – wenn sie überhaupt jemals drohte – aber sicherlich nicht nach seinem Untergang. Heute muss Russland sein Gas mehr verkaufen als die Europäische Union es kaufen muss. Es gäbe einen Überfluss an Gas, wenn die Kriege im Nahen Osten aufhören würden und die Sanktionen gegen den Iran und Venezuela, die die Erschließung so vieler Ölvorkommen verhindern, aufgehoben würden. Dennoch haben die Opec-Länder und Russland, um den Abwärtstrend der Gas- und Ölpreise zu begrenzen, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Wettbewerbsfähigkeit der aus erneuerbaren Quellen erzeugten Energie, kürzlich vereinbart, die Produktion zu begrenzen.

Kurz gesagt, die von Trump entfesselte Gasschlacht, mit der die Energiedominanz von Stars and Stripes durchgesetzt werden sollte, ist fast verloren. Und deshalb: „Von der Fabel vom Freiheitsgas ist die Trump-Regierung zu den Strafen übergegangen, die schlechten Akteuren auferlegt werden. Dass sind dieses Mal Europäer…[und] der große schlechte Schauspieler (Opec+ Russland – Anm. d. Red.)” [13] Wie bereits erwähnt, wurden europäische Unternehmen, die am Bau des „North Stream 2“ beteiligt waren, mit sehr harten Sanktionen bestraft; während gegen das Abkommen zwischen der Opec und Russland ein altes Kartellgesetz abgestaubt wurde, das bereits in den nächsten Tagen vom Repräsentantenhaus verabschiedet werden soll. Im Falle einer Zustimmung: Saudi-Arabien und vielen Opec-Ländern haben wissen lassen dass sie eine Politik verfolgen werden, die den Ölpreis unter 30 Dollar/Barrel drückt, „um die Schieferindustrie der Vereinigten Staaten zu zerstören”. [14].

Die Kontrolle über jedes Gasfeld oder jede Ölquelle hat daher eine solche Bedeutung erlangt, dass sie nicht einmal an die treuesten Verbündeten zugetraut werden kann.

DIE TÜRKISCHE INVASION IN ROJAVA

Es genügte also, dass mit der Niederlage des ISIS die Autonome Verwaltung von Nordost-Syrien (Rojava) – im Austausch für eine weitgehende Autonomie der Region – mit Assad eine Form der friedlichen Koexistenz vereinbaren konnte, damit das Weiße Haus der Türkei grünes Licht für die Invasion des Territoriums und die direkte Kontrolle der Ölfelder Nordost-Syriens durch die Marineinfanterie geben konnte. Und dies, während die YPG, der bewaffnete Arm der kurdischen Autonomieverwaltung, noch gegen Daesh kämpfte, im Grunde genommen an Stelle der Marinesoldaten.

IRAN ODER CHINA

Wie für Heinrich IV. von Bourbon „Paris eine Messe wert“ war, so ist für Trump’s Amerika das schwarze Gold nicht nur die Rojava wert, sondern auch das Risiko (oder die Möglichkeit?) eines offenen Zusammenstoßes mit dem Iran bis hin zur Ermordung des mächtigen iranischen Generals Soleimani in perfekter Schlägerart.  Offensichtlich nicht, weil er sich für die grausame Unterdrückung jeder Protestbewegung sowohl im Iran als auch im Irak ausgezeichnet hat, sondern weil er der offiziellen Lesung nach im Begriff war zu befehlen, Militärbasen und US-Botschaften im Nahen Osten anzugreifen. In Wirklichkeit war das eigentliche Ziel, den engsten Wirtschafts- und Handelspartner des Iran, China, zu treffen: „Iran – betont M. Dinucci von [der italienischen Zeitung] Il Manifesto vom 9. Januar letzten Jahres – hat eine wichtige Rolle in der Neuen Seidenstraße, die von Peking 2013 ins Leben gerufen wurde und die sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Umsetzung befindet: Sie besteht aus einem Straßen- und Schienennetz zwischen China und Europa durch Zentralasien, den Nahen Osten und Russland, kombiniert mit einem Seeweg durch den Indischen Ozean, das Rote Meer und das Mittelmeer. Es ist geplant, in mehr als 60 Ländern Straßen-, Schienen- und Hafeninfrastrukturen in Höhe von über einer Billion Dollar zu investieren. In diesem Zusammenhang investiert China rund 400 Milliarden Dollar: 280 Milliarden Dollar in die Öl-, Gas- und petrochemische Industrie; 120 Milliarden Dollar in die Infrastruktur einschließlich Öl- und Gaspipelines. Es wird erwartet, dass diese Investitionen, die über einen Zeitraum von fünf Jahren getätigt wurden, anschließend erneuert werden.  Im Energiesektor hat das staatliche Unternehmen China National Petroleum von der iranischen Regierung den Auftrag erhalten, das Offshore-Feld South Pars im Persischen Golf, die größte Erdgasreserve der Welt, zu erschließen.” [15]

All dies zu verhindern ist daher wirklich von entscheidender Bedeutung, denn es wäre nicht nur die endgültige Niederlage des Gaskrieges allein, sondern auch der Verlust der Kontrolle über eine der wichtigsten Routen des Welthandels, die von den derzeitigen Seerouten, die heute fast alle unter dem Schutz der US-Marine stehen, zu Land umgeleitet würden.

Eine wirklich globale Konfrontation ist im Gange. Es ist ein monetärer, wirtschaftlicher, geopolitischer und militärischer Konflikt. Niemand kann sie verlieren, sondern paradoxerweise rebus sic stantibus [heisst soviel wie eine Ausweichklausel] – nicht einmal gewinnen, ohne wiederum den Zusammenbruch fast wie eine Niederlage zu riskieren.

DER ZOLLKRIEG

In dieser Hinsicht sagt es viel über das substanzielle Versagen der von der Trump-Regierung geförderten Zollpolitik gegenüber China und Europa aus. Sie musste die Rückkehr der produktiven Aktivitäten begünstigen, die die großen amerikanischen transnationalen Unternehmen, angezogen durch die sehr niedrigen Arbeitskosten, im Laufe der Zeit in verschiedene Teile der Welt und insbesondere nach China, Mexiko und Südostasien verlagert haben. Mit ihrer Rückkehr hätte neben der Schaffung von mehreren Millionen neuen Arbeitsplätzen auch die amerikanische Handelsbilanz wieder in den Genuss der Überschüsse kommen müssen, von einer Ewigkeit in chronischer Verschuldung, und die USA wären, wie in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, wieder der erste Exporteur der Welt, gemäss der Wahlspruch Trumps: Amerika wieder groß machen!  Nach drei Jahren ist nichts davon wahr geworden, und das Handelsdefizit ist nicht zurückgegangen, sondern hat sich [erhöht]: „Von 735 Milliarden Dollar im Jahr 2016 auf 874 Milliarden im Jahr 2018. Und im September 2019 hatte es bereits das gleiche Volumen wie drei Jahre zuvor erreicht”. [16]

Es spielt keine Rolle, ob in gutem Glauben oder aus bloßen Wahlgründen, er ignorierte oder tat als ob er ignorierte, dass die Verlagerung von Unternehmen notwendig war, um die Gewinnmargen wieder aufzubauen, die durch den Ausbruch der Krise der  Durchschnittsprofitrate, beginnend mit den USA Anfang der 1970er Jahre, stark ausgehöhlt worden waren. Tatsächlich war es dank der Einführung der Mikroelektronik und der Informationstechnologie in die Produktionsprozesse möglich, jede einzelne Phase des Produktionszyklus zu zersplittern und an Orten zu lokalisieren, die zwar sehr weit voneinander entfernt sind, aber wo günstigere Marktbedingungen herrschen, insbesondere auf dem Arbeitsmarkt. Apple-Mobiltelefone beispielsweise werden nicht mit einer einzigen Komponente in den Vereinigten Staaten hergestellt: Sie werden in etwa hundert verschiedenen Ländern, von Lateinamerika bis Osteuropa, Japan, Vietnam usw., produziert und dann von dem berüchtigten chinesischen Foxxcon [17] zusammengebaut. Das Ergebnis ist, dass von dem gesamten Mehrwert, der in den verschiedenen Produktionsphasen von den Proletariern ausgepresst wird, 50 % bei Apple landen, die das Patent und die Marke besitzt, sowie die Tatsache, dass alle Transaktionen in Dollar abgerechnet werden; in China bleiben etwa 2 % übrig.

Nun würde ein möglicher Importzoll auf Mobiltelefone, weil er nur auf den Verkaufspreis abgewälzt werden könnte, unweigerlich auch zu einem Rückgang ihrer Nachfrage führen und damit in erster Linie Apple schaden, das am meisten von der Produktionsverlagerung profitiert. Es liegt daher im gemeinsamen Interesse aller Beteiligten, dass der Zoll die Schwelle nicht überschreitet, ab der der Schaden des Exporteurs nicht auch den Importeur trifft. Gleichzeitig aber hat jeder von ihnen angesichts des steigenden zu vergütenden Kapitals und der anhaltenden Weltkrise das unausweichliche Bedürfnis, den Anteil des für sich selbst zu behaltenden Mehrwerts zu erhöhen. Und dies nicht nur durch eine verstärkte Ausbeutung der Arbeitskräfte, sondern auch durch den Versuch, eine größere Kontrolle über die verschiedenen Segmente der Lieferkette und neue Absatzmärkte für ihre Waren und ihr Kapital auszuüben (siehe die Neue Seidenstraße) und/oder durch die Verwendung eines weniger nachteiligen Zahlungsmittels als den Dollar. Daher bleiben sowohl die gemeinsamen als auch die widersprüchlichen Interessen der verschiedenen Akteure bestehen. Und so ist es auch für den Krieg, der nichts anderes ist als die Verlängerung des wirtschaftlichen Konflikts auf militärischem Boden.

Man kann nicht nachlassen zu kämpfen und man kann auch nicht verlieren, ohne in den totalen Ruin zu gehen; aber angesichts der Verbindungen zwischen den streitende Parteien kann man paradoxerweise nicht einmal gewinnen, ohne den Gewinner zu ruinieren. Es ist nicht auszuschließen, dass dies auch bei einer Art Heterogenese [Verschiedenartigkeit des Ursprungs] der Ziele geschieht; sicher ist jedoch, dass der Krieg mit seinem makabren Zug der Barbarei selbst immer normaler werden wird und nur durch die Ausrottung der kapitalistischen Produktionsweise, aus der er stammt, beendet werden kann. Es ist daher sehr wichtig zu beachten, dass es immer noch viele Menschen gibt, die, obwohl sie sagen, dass sie sich auf den Marxismus und den revolutionären Internationalismus beziehen, unfähig sind, seinen rein imperialistischen Charakter zu begreifen, und daher leicht durch die ideologische Hülle, mit der er von Zeit zu Zeit verkleidet wird (der nationalen Befreiung, der ethnischen und Stammesreligion usw.), getäuscht werden können, konkurrieren sie mit denen, die von Angang an für eine Seite der internationalen Bourgeoisie Partei ergreifen, als ob es eine weniger ausbeuterische und ekelhafte Seite als die andere geben könnte. Noch nie zuvor war die Alternative: kommunistische Revolution oder Barbarei so klar umrissen.

Giorgio Paolucci, 28-1-2020

Übersetztung von Siria, Iraq, Iran, Kurdistan, Libia: Il Mondo prigioniero della guerra imperialistica permanente.

Noten

[1] Le Capitalisme, n. 65/ 2005 – p. 5; in Hervé Kempf, Per salvare il pianeta dobbiamo farla finita con il capitalismo, Garzanti 2010

[2] Vgl. G. Paolucci, www.istitutoonoratodamen.it/joomla34/index.php/questionieconomiche/161-subprimemarx Englische Übersetzung

[3] Vgl. G. Paolucci, L’euro della discordia, http://www.istitutoonoratodamen.it/joomla34/index.php/questionieconomiche/187-eurodiscordia

[4] Es handelt sich um die Währung, die Frankreich 14 seiner ehemaligen Kolonien auferlegt hat, deren Konvertierbarkeit in Euro von der französischen Zentralbank zu einem festen Wechselkurs garantiert wird, jedoch unter einer Reihe von Bedingungen, darunter die Verpflichtung der Zentralbanken dieser Länder, 50 % ihrer Reserven bei der französischen Zentralbank anzulegen, und das Recht des Pariser Schatzamtes, sich an der Festlegung ihrer Geldpolitik zu beteiligen.

[5] Fonte: A. Plateroti – Guerra dei dazi, l’arma di Xi è la fuga dai bond americani- Il sole 24 ore,12.05.2019

[6] Dario Fabbri – L’America tra impero e libero arbitrio -Limes n. 2/2019

[7] Das sagte der US-Energieminister Rick Perry am 2. Mai in Brüssel –Margherita Paolini – Il primato energetico Usa ha i piedi di argilla- Limes n. 2/2019 – p. 101.

[8] Ivi, 101

[9] Ivi, p. 108

[10] Vgl. Ivi, p.107

[11] Yurii Colombo – Al via il Turkish Stream. Putin incontra Erdogan – Il Manifesto n. 2/2019

[12] Yurii Colombo – Zelensky sotto tiro, le scuse degli ayatollah non bastano – il Manifesto 12/01/2020

[13] Vgl. Limes n. 2/2019 – p. 110.

[14] Ibidem.

[15] M. Dinucci – La Cina non solo gli ayatollah, sotto tiro Usa in Medioriente – il Manifesto, 09/01/2020.

[16] Diego Fabbri – L’America tra impero e libero arbitrio – Limes  n. 2/2019

[17] Vgl. Xu Lizhi – Mangime per le macchine – Ed. Istituto O. Damen – http://www.istitutoonoratodamen.it/joomla34/index.php/libro-di-poesie-xu-lizhi/373-mangimemacchine